In meiner Praxis habe ich immer wieder junge Klientinnen, um die Anfang 20, die die Orientierung verlieren und unglücklich sind, weil sie sich ständig mit anderen Frauen im ähnlichen Alter vergleichen.
Da hat die eine eine tollere Wohnung, sieht besser aus, ist perfekt gestylt, hat eine durchtrainierte bessere Figur und einen fürsorglichen Partner, nicht zu
vergessen, läuft natürlich alles blendend in Studium, Ausbildung oder Beruf.
Aber woher kommt dieser Eindruck in unserer heutigen, schnelllebigen, ja
durchaus anstrengenden, modernen Zeit?
Heute wird man rund um die Uhr auf Trab gehalten, weil einem die sozialen
Medien oder auch das fast schon altmodisch anmutende Fernsehen
suggeriert, das gut nie gut genug ist und es immer noch besser, ja am
besten noch perfekter gehen kann. Und genau da kommt das wahre
Problem zum Vorschein. Es handelt sich eigentlich nur um eine kreierte
Scheinwelt, der nachgeeifert wird.
Die vermeintlich glücklicheren Mitmenschen bauen sich eine Social Media-
Traumwelt auf, um sich selbst besser zu fühlen und auch eigene Defizite zu
kaschieren. Menschen mit schwächer ausgeprägtem Selbstwertgefühl
versuchen sich dann permanent zu vergleichen und das Leben wird immer
anstrengender und frustrierender. Man fragt sich, ob alles gut genug ist, was
man selbst zu bieten hat.
Schon im Jahre 1954 hat sich der US-amerikanische bekannte
Sozialpsychologe Leon Festinger mit der sog.Theorie des sozialen Vergleichs
beschäftigt und sie ausführlich ergründet und erarbeitet. Nach Festinger
dienen Vergleiche in erster Linie der besseren Selbsteinschätzung, eine
Neigung, die der Mensch von Natur aus mit sich bringt, nämlich
Informationen zu verarbeiten und abzugleichen. Dies muss nicht immer
negativer Natur sein, denn es kann den Menschen auch anspornen und zu
besseren Leistungen führen, im negativem Falle kann jedoch der Selbstwert
darunter leiden.
Die Frage, die ich meinen Klientinnen in der Therapie als erstes stelle, ist die,
ob sie den Wahrheitsgehalt der Bilder überprüfen können? Das scheint im
ersten Moment fast nicht möglich zu sein, aber manchmal reicht es schon in
seinem Bekanntenkreis oder im näheren Umfeld die Realität zu beobachten
und realistisch zu schauen, ob das wirklich dem entspricht, was in den social
media Plattformen gepostet wird. Hat das die Klientin zum ersten Mal
bewußt gemacht, wird sie feststellen, daß sich vieles gar nicht so darstellt,
wie es dort scheint. Das führt zu einem regelrechten „Aha-Effekt“ und
danach fällt es leichter an seinem Selbstwert zu arbeiten und seine eigenen Stärken und Ressourcen zu erkennen.